Die Vollversammlungen 2020/2021 der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung, die am 8. Oktober 2021 in Velden, Kärnten, Österreich stattfanden, boten eine Rückschau auf das Arbeitsprogramm und einen Ausblick auf ambitionierte Zukunftsprojekte. Als jüngstes Mitglied konnte das Land Kärnten aufgenommen werden, das künftig von Landesrat Martin Gruber und Christian Kropfitsch repräsentiert wird.

Beim Gedanken- und Erfahrungsaustausch der Mitglieder der Vollversammlung der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung präsentierte Thomas Kornek-Goritschnig die jüngsten Aktivitäten der Orts- und Regionalentwicklung in Kärnten, den Demografie-Check-Kärnten 2020 und den Masterplan Ländlicher Raum Kärnten etc. danach wurde über aktuelle, nicht zuletzt auch Pandemie bedingte Herausforderungen für die ländlichen Regionen Europas diskutiert.

LH Mikl-Leitner: Eine niederösterreichische Vorzeigegemeinde und aussichtsreiche Kandidatin für einen europäischen Spitzenplatz

Der Vertreter Niederösterreichs beim 16. Europäischen Dorferneuerungspreis ist die Waldviertler Landgemeinde Großschönau. Das gaben Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, der Vorsitzende der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung, Landeshauptmann a. D. Erwin Pröll, und Bürgermeister Martin Bruckner in einem Pressegespräch im Landhaus in St. Pölten bekannt.

„Die niederösterreichische Dorferneuerung ist eine Erfolgsgeschichte, in der das letzte Kapitel noch lange nicht geschrieben ist. Verantwortlich dafür zeichnen eine engagierte Bürgerschaft in den Dörfern und eine umsichtige Kommunalpolitik, die von Innovationsbereitschaft und Lösungsorientierung gekennzeichnet ist“, erklärte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Aufgabe des Landes sei es, diesen dynamischen Gestaltungswillen in den Regionen zu unterstützen, zu begleiten und in übergeordneten Fragen auch richtungsweisend zu steuern. An konkreten Maßnahmen nannte sie regionale Beschäftigungs-Initiativen, die gerade in turbulenten Zeiten wichtig sind, laufende Verbesserungen in der Verkehrs-Infrastruktur auf Straße und Schiene, den Ausbau der Kinderbetreuung in den Regionen – besonders für unsere Kleinsten – oder auch die NÖ Dezentralisierungs-Offensive mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Regionen. Und auch bei der Neuausrichtung der Landesstrategie 2030 würde die Entwicklung der Regionen in Niederösterreich einen großen Stellenwert einnehmen.

Die Landeshauptfrau erinnerte, dass der Sieger in der Kategorie „Ganzheitlichkeit“ des Projektwettbewerbes der Niederösterreichischen Dorf- und Stadterneuerung stets ein Aushängeschild in Sachen Dorferneuerung sei. Daher komme diesem die Ehre zu, Niederösterreich beim Europäischen Dorferneuerungswettbewerb zu vertreten. In Summe werden sich 26 Teilnehmer unter dem Motto „Lokale Antworten auf globale Herausforderungen“ um die renommierte Auszeichnung matchen und dabei auch ihre Erfahrungen austauschen. „Das macht den Europäischen Dorferneuerungspreis so wertvoll, denn von den Besten kann man am meisten lernen“, so Mikl-Leitner, die sich auch davon überzeugt zeigte, dass die internationale Jury bei ihrer Sitzung Anfang Oktober in München Großschönau ein sehr gutes Zeugnis ausstellen werde.

ARGE-Präsident Erwin Pröll erklärte, dass der Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis seit dem Jahr 1990 ausgelobt werde und 2020 zum 16. Mal hätte vergeben werden sollen. „Die Pandemie hat uns aber nicht nur zu einigen Verschiebungen gezwungen, sondern auch vielen die Augen dafür geöffnet, dass die ländlichen Räume unverzichtbar sind, weil sie wichtige Funktionen für die Gesellschaft erfüllen.“ Das beginne bei der Versorgung, beträfe die Bereitstellung von Ausgleichsräumen und nicht zuletzt auch den achtsamen Umgang miteinander. 

Die Europäische ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung, so Pröll weiter, wirke seit mehr als 30 Jahren als „PR-Agentur“ für Europas Dörfer, fördere mit ihren Aktivitäten den Blick über den Tellerrand und sei eine wichtige Orientierungshilfe für die Landgemeinden bei der Bewältigung lokaler und globaler Herausforderungen. „Es braucht sicher Vieles, um unsere Dörfer zukunftsfit zu gestalten. Aber der wichtigste Schlüssel für eine erfolgreiche Entwicklung ist ihr menschliches Potenzial als Orte, in denen das Ehrenamt gepflegt und das soziale Miteinander über gesellschaftliche Gruppen hinweg gelebt wird.“

Bürgermeister Martin Bruckner betonte, dass die Wettbewerbsteilnahme für Großschönau eine besondere Auszeichnung sei. Die Suche nach lokalen Antworten auf globale Herausforderungen habe in seiner Gemeinde bereits vor Jahrzehnten begonnen und in vielen Bereichen zu beachtlichen Erfolgen geführt. Allem voran sind es Maßnahmen im Bereich Energiewende und Klimawandel, wie die Etablierung der Umweltmesse BIOEM oder die Errichtung des Kompetenz- und Forschungszentrums „Sonnenplatz“, die Schaffung sozialer Infrastrukturen sowie die Bereitschaft zu Kooperationen und internationalem Wissenstransfer, die Großschönau auszeichnen.

NLK Pfeiffer
NLK Pfeiffer

Der Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis stellt zweifelsfrei das Herzstück der Tätigkeiten der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung dar.

Er wird seit 1990 im Zweijahresrhythmus ausgetragen und zielt darauf ab, beispielhafte Aktivitäten und herausragende Initiativen im Sinne einer nachhaltigen Stärkung der Zukunftsfähigkeit ländlicher Gemeinwesen „vor den Vorhang“ zu bitten und – unter Berück­sichtigung der jeweiligen Ausgangsbedingungen, des ökonomischen und sozio-kulturellen Kontextes sowie der länderspezifischen Standards, Besonderheiten und Möglichkeiten – zu prämieren.

Im Laufe der Geschichte des Wettbewerbes wurden die Beurteilungskriterien mehrmals grundsätzlich überarbeitet und regelmäßig an sich verändernde Herausforderungen angepasst.  Von Anfang an ging es aber darum, neben der äußeren Erscheinung auch die „inneren Qualitäten“ der Dörfer und Gemeinden im Fokus zu haben und eine ganzheitliche Entwicklung zu verfolgen. Demgemäß spielen Aktivitäten im Sinne einer Standort angepassten landwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung, die Gewährleistung der Nahversorgung, die Schaffung zeitgemäßer sozialer und pädagogischer Einrichtungen sowie technischer Infra­strukturen, die Auseinandersetzung mit Fragen der Architektur, der Siedlungsentwicklung, der Ökologie und der Energieversorgung, kulturelle Initiativen und Weiterbildungs­maßnahmen sowie eine von Bürgerbeteiligung und Kooperationsbereitschaft geprägte Methodik der Umsetzung eine zentrale Rolle.

Die Bewertung erfolgt durch eine internationale Jury, die ihre Entscheidung auf Basis umfassender Einreichunterlagen und einer Vorort-Besichtigung aller Teilnehmerorte (seit 1992) trifft. Der Sieger gewinnt den Europäischen Dorferneuerungspreis, Auszeichnungen gibt es auch für Teilnehmer mit herausragender, sehr guter oder guter Leistung.

Zur Teilnahme am Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis ist pro Land/Region nur ein ländliches Gemeinwesen (Dorf, Gemeinde, Kleinregion) zugelassen. Diese werden häufig durch vorgelagerte Wettbewerbe auf nationaler oder regionaler Ebene ermittelt.

Jeder Wettbewerb wird unter ein bestimmtes Motto gestellt, was eine besondere Schwerpunktsetzung ermöglicht.

Die Preisverleihung erfolgt seit 1996 im Rahmen einer mehrtägigen Veranstaltung mit Festakt, Projektpräsentationen und Exkursionen, bei der die Begegnung der Dorfgemeinschaften und der europäische Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt stehen.

Der Wettbewerb um den Europäischen Dorferneuerungspreis erweist sich nicht nur als ein höchst effizientes Instrument, um die Menschen in den ländlichen Räumen Europas in ihrem Engagement für ihren Lebensraum zu bestätigen und  zur eigeninitiativen Zukunftsgestaltung zu motivieren. Er vermag auch wesentlich dazu beizutragen, die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der ländlichen Regionen einer breiten Öffentlichkeit bewusst zu machen und das europäische Miteinander zu stärken.

„Unsere niederösterreichischen Dörfer sind lebens- und liebenswerte Heimat für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger. Gerade in der Pandemie haben das viele wieder bewusster wahrgenommen und unsere Dörfer als Rückzugsorte schätzen gelernt“, so Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner beim Treffen mit Theres Friewald-Hofbauer, Geschäftsführerin der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung. „Dank des Miteinanders der vielen Gemeindefunktionärinnen und Funktionäre, der NÖ Dorf- und Stadterneuerung und der NÖ.Regional gelingt es uns unsere blau-gelben Dörfer stetig weiterzuentwickeln und auch für nachkommende Generationen attraktiv zu halten. Wertvolle Impuls- und Ideengeberin ist dabei seit mehr als 30 Jahren die Europäische ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung“, so LH Mikl-Leitner weiter.

„Die gegenwärtige öffentliche Wahrnehmung und Wertschätzung der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der ländlichen Räume kann rasch wieder verstummen, ebenso wie sich auch ihre aktuelle Sogwirkung nur dann als anhaltender und wünschenswerter Trend erweisen wird, wenn sie von einer ganzheitlichen und sozialverträglichen Dorfentwicklungsarbeit begleitet wird, die der Heterogenität der DorfbewohnerInnen und der Vielfalt an Aufgabenstellungen gerecht wird“, betonte Theres Friewald-Hofbauer.

Einig waren sich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Geschäftsführerin Theres Friewald-Hofbauer dabei, dass die Weiterentwicklung der ländlichen Region ressourcenbewusst, klimaschonend und sozialverträglich gestaltet werden müsse. Das verlange nach neuen Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit, wie einer verantwortungsvollen Raumordnung, wie sie Niederösterreich in der neuen Raumordnungsnovelle realisiert, kürzere Alltagswege, mehr Nahversorger und der Nutzung der Digitalisierung, dort wo sie den Menschen und der Wirtschaft dienlich ist.

Die Europäische ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung wurde 1989 gegründet und berät, vernetzt und ermöglicht europaweit neues Wissen und Fertigkeiten im Bereich einer nachhaltigen regionalen Entwicklung. Dies alles wird auch im bekannten Europäischen Dorferneuerungspreis ausgezeichnet, der auf Initiative der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung und des Landes Niederösterreich nach Corona-bedingten Verschiebungen nun zum 16. Mal vergeben wird.

© NLK Pfeiffer

Nach zahlreichen Covid bedingten Verschiebungen wartet die begehrte Trophäe für den Europäischen Dorferneuerungspreis 2020 immer noch darauf, an jenes Dorf, jene Gemeinde oder jene Region vergeben zu werden, die den Wettbewerb, der bereits im Herbst 2019 ausgerechnet unter dem Motto „Lokale Antworten auf globale Herausforderungen“ ausgelobt worden ist, für sich entscheiden kann.

„Neben dem Studium und der Auswertung der umfangreichen Einreichunterlagen ist die Vorort-Begutachtung durch die international und interdisziplinär besetzte Jury das Herzstück des Bewertungsprozesses. Und hier sind wir in den vergangenen Monaten – Stichwort Reise- und Kontaktbeschränkungen – immer wieder im wahrsten Sinne des Wortes an unsere Grenzen gestoßen, so dass erst die Hälfte der 26 Teilnehmer aus zwölf europäischen Staaten begutachtet werden konnte“, erläutert der Vorsitzende der den Wettbewerb austragenden Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung Erwin Pröll. In den kommenden Wochen werde die Jury nun alles daran setzen, die restlichen ländlichen Gemeinwesen – von Estland bis in die Niederlande und von Norddeutschland bis Slowenien – einer Evaluierung an Ort und Stelle zu unterziehen, um bei der abschließenden Jurysitzung im Spätherbst finale Entscheidungen treffen zu können.

Know-how-Transfer seit 30 Jahren im Zentrum des Wettbewerbs

„Der Europäische Dorferneuerungspreis wird seit 1990 im Intervall von zwei Jahren vergeben und gilt mit seinem umfassenden und integrativen Ansatz europaweit als Trendsetter in der dörflichen und ländlichen Entwicklung. Die bislang weit über 300 teilnehmenden Dörfer, Gemeinden und Regionen, die hinsichtlich ihrer Vitalität, ihrer Resilienz und damit ihrer Zukunftsfähigkeit auf ökonomischer, ökologischer, sozio-kultureller, sozialer und baukultureller Ebene evaluiert worden sind, gelten vielfach als Leuchtturm-Projekte, die zum Nachahmen einladen“, lässt Geschäftsführerin Theres Friewald-Hofbauer wissen.

Seit der Austragung des ersten Wettbewerbes vor mehr als 30 Jahren stehen der Erfahrungsaustausch, das Voneinander-Lernen und die Vernetzung der Akteurinnen und Akteure im Mittelpunkt. Wohl einer der Hauptgründe dafür, dass bei den Teilnehmern, darunter auch die vier österreichischen Gemeinden Groß Schönau (NÖ), Prutz (Tirol), Trebesing (Kärnten) und Rohrbach bei Mattersburg (Burgenland), nicht nur die Spannung über den Ausgang des Wettbewerbes, sondern auch die Vorfreude auf die Preisverleihung, die im Mai 2022 in der Gemeinde Hinterstoder, die den Europäischen Dorferneuerungspreis 2018 gewinnen konnte, schon sehr groß ist. Schließlich erwartet sie dort ein stimmungsvolles Fest der Begegnung mit Menschen mit den europaweit besten Konzepten und Projekten für ihren Lebensraum.