Drei Länder. Zwei Flüsse. Eine Zukunft.

27. und 28. Mai 2011

Drei Länder. Zwei Flüsse. Eine Zukunft. – so lautete der Titel einer Tagung, die am 27. und 28. Mai 2011 in Hohenau an der March, Niederösterreich, Österreich, stattfand. Die Veranstaltung wurde vom Club Niederösterreich in Kooperation mit der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung und der Euregio Weinviertel durchgeführt und von rund 150 TeilnehmerInnen aus der Slowakei, Tschechien und Österreich besucht.

„Europa ist eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Die Europäische Union ist eines – wenn nicht das – größte Friedensprojekt unserer Zeit. Basierend auf gemeinsamen Werten erreichen wir miteinander Sicherheit und Wohlstand. Besonders das Weinviertel hat von der EU-Erweiterung maximal profitiert“, zeigte sich Landesrat Karl Wilfing anlässlich der Tagung „Drei Länder. Zwei Flüsse. Eine Zukunft“ am 27. Mai in Hohenau an der March überzeugt. Und er ergänzte: „Zu Zeiten des eisernen Vorhangs konnten wir in den grenznahen Gebieten des Weinviertels eine starke Abwanderungstendenz feststellen und auch Wirtschaftsansiedlungen gestalteten sich schwierig. Heute sind wir im Herzen Europas und haben diesen Vorteil für uns genutzt. Der Tourismus floriert, der Export kurbelt unsere Wirtschaft an, es sind neue Arbeitsplätze entstanden und die Region hat Zukunftschancen, die sie nutzt.“Die hochkarätig besetzte Konferenz stand ganz im Zeichen der grenzüberschreitenden Identitätsfindung und Zusammenarbeit zwischen dem Weinviertel, Südmähren und der Westslowakei. In kompetenter Weise moderierten Diskussionsblöcken – unter anderen von der Autorin Eva Rossmann, dem ORF-Journalisten Peter Benovsky oder dem Journalisten des Slowakischen Rundfunks Tibor Macak – kamen die Themenblöcke Regionalpolitik und -management genauso zur Sprache wie wirtschaftliche Verflechtungen, gemeinsame landwirtschaftliche und naturschutzbezogene Interessen und soziokulturelle Verbindungen.

Wirtschaftliche Zusammenarbeit als Jobmotor

Einigkeit herrschte zwischen dem Präsidenten der NÖ Arbeiterkammer, Hermann Haneder, dem Direktor der NÖ Wirtschaftskammer, Franz Wiedersich, sowie dem Chefökonomen der Industriellenvereinigung, Christian Helmenstein, darüber, dass eine grenzüberschreitende wirtschaftliche Zusammenarbeit im Dreiländereck eine Vielzahl von Chancen mit sich bringt. Haneder nahm denn auch Zweiflern den Wind aus den Segeln: „Das Ende der Übergangsfristen und die Liberalisierung des innereuropäischen Arbeitsplatzmarktes am 1. Mai hat keinerlei negative Auswirkungen auf die Situation der Arbeitnehmer/innen in Niederösterreich mit sich gebracht.“ Vertreter des Autoclusters Westslowakei sowie der Tourismuszentrale Südmähren wussten über bereits verwirklichte erfolgreiche Projekte zu berichten. Problematisch sei aber das nach wie vor große Lohngefälle zwischen den betreffenden Staaten, das die positiven Effekte auf den Arbeitsmarkt derzeit nur in eine Richtung zulasse. Nach Überwindung dieser Schere erwarte man aber große Beschäftigungsmöglichkeiten in allen drei Ländern.

Zwei unabdinglich erforderliche Grundvoraussetzungen für das Zusammenwachsen auf allen Ebenen kristallisierten sich im Laufe der Veranstaltung heraus: die (fremd)sprachlichen Kompetenzen und die Schaffung von erforderlicher Infrastruktur. Euregio-Vorsitzender Hannes Bauer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass etwa Feuerwehren, Rettungsdienste oder die Polizei bereits konkrete Konzepte zur besseren sprachlichen Verständigung verfolgen und die Bürgermeister der Gemeinden Hohenau und Wolfsthal, Robert Freitag und Gerhard Schödinger, berichteten über fremdsprachlichen Unterricht in deren Kindergärten und Volksschulen. Dass das Zusammenleben von Österreichern und Slowaken für Gemeinden auch große Vorteile bringen kann, zeigt sich in Wolfsthal, wo der Anteil an Zuzüglern aus der Slowakei bereits bei 20 Prozent liegt und so trotz negativer Geburtenbilanz die Bevölkerungszahl signifikant angestiegen ist.

Brückenbau wörtlich genommen

Hinderlich sei hingegen die nach wie vor schlechte infrastrukturelle Situation, die sich konkret am Fehlen von leistungsfähigen Brücken manifestiert. Von den einst mehr als 20 Brücken, die über March und Thaya führten, sind nur noch zwei vorhanden, und selbst diese weisen eingeschränkte Kapazitäten auf. Der Brückenbau zwischen den Ländern müsse in diesem Fall nicht nur symbolisch, sondern auch wörtlich genommen werden – so lautete die unmissverständliche Forderung an die Politik.

Dass das Verbindende zwischen Niederösterreich, Tschechien und der Slowakei weit über dem Trennenden stehe, untermauerten die Teilnehmer der Schlussrunde, die geradezu einem diplomatischen Gipfel glich: der österreichische Botschafter in Prag, Ferdinand Trauttmansdorff, der tschechische Botschafter in Wien, Jan Koukal sowie Maximilian Pammer, ehemaliger Botschafter und nunmehr Vizepräsident der Österreichisch-slowakischen Gesellschaft. Trauttmansdorff brachte es dabei auf den Punkt: „Die derzeitige Diskussion in Brüssel, die Grenzen innerhalb der EU wieder dicht zu machen, geht an dem vorbei, was hier im Dreiländereck mitten im Entstehen ist – eine gemeinsame regionale Idntität, die das Wort Grenze aus dem Sprachschatz verbannt.“