5. Europäischer Dorferneuerungskongress – Statement Erwin Pröll

21. September 2005

Ländlicher Raum 2005. Gewandelte Realitäten – neue Herausforderungen

Landeshauptmann Erwin Pröll, Vorsitzender der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung

„Die ländlichen Räume Europas am Beginn des 21. Jahrhunderts sind geprägt von einem raschen Wandel und weit reichenden politischen, ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Umbrüchen. Globale Trends wirken bis in das kleinste Dorf hinein und verlangen nach raschen und klaren Entscheidungen – von den politisch Verantwortlichen ebenso wie von den Betroffenen selbst“, erklärte der Vorsitzende der Europäischen ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, bei der Eröffnung des 5. Europäischen Dorferneuerungskongresses zum Thema „Ländlicher Raum 2005. Gewandelte Realitäten – neue Herausforderungen“ im Niederösterreichischen Landhaus in St. Pölten.

Die Zukunft ist kein Geschenk, vor allem nicht für das Dorf und seine BewohnerInnen, die sicher nicht zu den GewinnerInnen der Globalisierungswelle zählen. Realitätsverweigerung und Scheuklappenritte sind aber sicher nicht die geeigneten Antworten darauf. Viel mehr gilt es, die gewandelten Realitäten zu akzeptieren, Fehlentwicklungen und Gefahrenpotenzialen entschieden entgegen zu treten sowie neue Chancen und Entwicklungsoptionen aufzuspüren und mit ganzem Engagement zu nutzen.

Tradition & Innovation

Die ländlichen Räume bedürfen daher einer modernen Standortpolitik, die sich in besonderer Weise der Themenbereiche

  • Erscheinungsbild, Siedeln, Bauen und Wohnen,
  • Arbeit und Wirtschaft,
  • Soziale Aufgaben sowie
  • Bildung und Kommunikation

annehmen muss. Dabei sei so manche Gratwanderung zwischen Tradition und Innovation, zwischen Bewahren und Erneuern zu absolvieren. Man müsse, „Offen sein für die Chancen im Wandel der Zeit, aber selbstbewusst genug, um nicht jedem Trend nach zu laufen“, wie Pröll betonte.

Konkurrenzfähigkeit ist aber nicht nur eine Frage des Standortes, sondern auch der Standpunkte. Ohne Standpunkte wie

  • Harmonie mit der Natur und verantwortungsbewusster Umgang mit der Schöpfung;
  • Ausgleich zwischen sozialer Sicherheit des Einzelnen und sozialem Frieden der Gesellschaft;
  • Miteinander und Kooperation statt Entsolidarisierung, Intoleranz und Egoismus sowie
  • Balance zwischen Mensch und Technik

droht die Gefahr, in die Standortfalle zu tappen und die spezifische Lebens- und Umweltqualität des ländlichen Raumes einem neoliberalistischen Gewinnstreben zu opfern.

In diesem Zusammenhang verwies Pröll auf die so genannte „Mastensteuer“, die Handybetreiber in Niederösterreich vor die Alternative stellt, entweder eine Landesabgabe zu entrichten oder bestehende Sendemasten gemeinsam mit anderen Mobilfunkanbietern zu nutzen. „4000 weitere Masten in den kommenden Jahren sind eine zu große Belastung für die Landschaft und erst recht für die Gesundheit der Menschen. Ich bekenne mich dazu, dass nicht alles, was technisch machbar ist, auch gegenüber unseren nächsten Generationen verantwortbar ist“, stellte Erwin Pröll klar.

Ohne Bürgerbeteiligung keine Zukunftsfähigkeit!

Die Politik für den ländlichen Raum und seine BewohnerInnen steht vor großen Aufgaben und vielfältigen Herausforderungen. Denn Zukunft haben nur

  • lernende Regionen,
  • Dörfer, die den Bauern ebenso wie den Angehörigen verschiedenster Berufsgruppen, aller Generationen und beider Geschlechter als Lebens- und/oder Wirtschaftsraum dienen,
  • ein unverwechselbares eigenständiges Profil entwickeln,
  • in Kooperationen und Netzwerke investieren und
  • den Menschen in den Mittelpunkt aller Entwicklungsüberlegungen stellen.

„Aber selbst die beste Politik, ob europäisch, national, regional oder kommunal, wird nur wenig erreichen können, wenn nicht die Betroffenen selbst zu Beteiligten werden. Denn Eigeninitiative und Bürgerengagement sind das UM und Auf, das wertvollste Kapital jeder erfolgreichen Entwicklung“, schloss Pröll.